16.12.2015 taz. die tageszeitung


Shukran hier, shukran da


Auf dem Flurboden des obersten Stockwerks eines ehemaligen Schulgebäudes in Moabit liegen circa 20 Kinder und warten auf ihren Einsatz: Ein Profitänzer hat mit den Kleinsten für die Adventsfeier ihrer Notunterkunft eine Performance einstudiert.

Er gibt ihnen das Startzeichen: Die Kinder legen los und zeigen verschiedene Breakdance–Figuren. Am Ende rollen sie eng umschlungen über den Boden. Ihr Lachen hallt laut durch die Korridore.

Die Eltern und anderen Bewohner stampfen, pfeifen und klatschen lautstark. Die Darbietung ist aber noch nicht zu Ende. Die Kleinen haben noch zwei Lieder einstudiert. Voller Stolz stellen sie sich im Erdgeschoss vor den Blättern des viersprachigen Regelkatalogs zur Integration auf und singen : „Bruder Jakob“ und „ABC, die Katze liegt im Schnee.“

Die Ehrenamtlichen aus der Nachbarschaft, die alle gelbe Plastik-Westen oder Buttons mit Aufschriften wie „Kiezmutter“ tragen, haben tagelang Plätzchen gebacken und jedem Kind eine eigene Tüte gefüllt. Mehr als 70 Tüten, alle halal, stehen nun im festlich geschmückten Untergeschoss für die Bewohner bereit. Der Heimleiter überreicht jedem Kind seine Tüte persönlich.

„Es ist so berührend, das erleben zu dürfen“, sagt eine Ehrenamtliche, die Plätzchen und Getränke ausgibt. „Sie sind so dankbar: shukraan hier, shukraan da. Ich möchte selber shukraan sagen. Dafür, dass ich das hier miterleben darf. Das ist Integration.“

„Wenn sie erstmal in eigene Wohnungen ziehen, können sie solche Erfahrungen nicht mehr so oft machen.“ Nach einer Weile, die sie die Schlangestehenden beobachtet, fügt sie hinzu: „Und wenn sie abgeschoben werden, haben sie wenigstens eine positive Erinnerung an ihre Zeit hier.“